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Heidelberg: Die Sorge in der Bevölkerung wächst

Aus: Rhein-Neckar-Zeitung, 02.01.2002

Wirrwarr bei Mobilfunkantennen
In Heidelberg sollen zu den bereits bestehenden 50 Sendeanlagen noch 90 weitere hinzukommen
Von Kirsten Baumbusch

Die Gesundheit der Heidelberger Einwohner liegt Oberbürgermeisterin Beate Weber am Herzen. Schließlich war Heidelberg nicht umsonst Umwelthauptstadt, als es diesen Titel noch gab. Kein Wunder also, dass sie die Entwicklungen rund um den Mobilfunk schon seit längerem mit Argusaugen beobachtet. Vor einigen Monaten nun wollte es ihre SPD-Fraktion genau wissen. Wie viele Sendeanlagen gibt es eigentlich im Stadtgebiet?, fragten die Genossen. Stehen diese in der Nähe von Kindergärten oder Krankenhäusern?

Das Thema ist ein weites, unbekanntes Feld, das wurde bei den Recherchen der Verwaltung schnell deutlich. Bislang, so bescheinigte sogar der baden-württembergische Umwelt- und Verkehrsminister Ulrich Müller, herrscht zwischen Mobilfunkbetreibern und Kommunen nämlich ein ziemliches Kommunikationsdefizit. Die meisten Städte und Gemeinde wissen gar nicht, wo die Anlagen stehen und wer sie betreibt, da sie bislang genehmigungsfrei sind. Antennenanlagen bis zehn Meter Höhe, so das Gesetz, benötigen keine baurechtliche Genehmigung.

Lediglich im Bereich der Gesamtanlagenschutzsatzung, das entspricht in Heidelberg etwa der Altstadt, und bei Kulturdenkmälern, wie beispielsweise das Schloss, greift das Denkmalschutzrecht. Dort braucht die Antenne eine Baugenehmigung. Bei Anlagen über zehn Watt Sendeleistung muss allerdings bei der Regulierungsbehörde für Post-und Telekommunikation eine so genannte Standortbescheinigung beantragt werden. Diese beinhaltet, dass am Standort die Grenzwerte eingehalten werden, dabei finden auch die Felder bereits vorhandener Anlagen Berücksichtigung. Mit dieser Bescheinigung geht es dann zum zuständigen Gewerbeaufsichtsamt nach Mannheim, und dort muss eine so genannte Hochfrequenz-Anzeige erstattet werden. 14 Tage nachdem die Standortbescheinigung erteilt wurde, darf die Anlage in der Regel in Betrieb gehen. Die Stadt erfährt gar nicht unbedingt davon. Deshalb hat sich das Heidelberger Vermessungsamt nun daran gemacht, die stationären Mobilfunkanlagen lückenlos zu kartieren.

Dem Informationsdschungel und der Genehmigungsfreiheit steht in der Bevölkerung wachsende Skepsis gegenüber. Mehr Mitsprache der Kommunen beim weiteren Ausbau, fordert deshalb auch energisch Minister Müller und appellierte an die Netzbetreiber, die Städte nicht nur frühzeitig zu informieren, sondern auch von den Kommunen vorgeschlagene Alternativstandorte zu akzeptieren. Das wurde denn auch in einer Vereinbarung zwischen den kommunalen Spitzenverbänden und den Mobilfunkbetreibern so festgehalten, die auch Heidelberg als Grundlage künftiger Verhandlungen dient. Da das alles noch ziemlich unverbindlich klingt und der wissenschaftliche Nachweis möglicher gesundheitlicher Beeinträchtigungen bisher nicht zu führen ist, hat das Land nun zusätzlich eine Studie ins Leben gerufen.

Bis Ende 2002 soll flächenhaft an etwa 1000 Stellen im Land die von Funkwellen ausgehende Feldstärke ermittelt werden. Einer der Schwerpunkte ist der Raum Heidelberg-Mannheim. Der Gemeinderat vernahm dies mit Wohlwollen. Nähere Tests scheinen auch dringend erforderlich. Zu den bislang im Stadtgebiet vorhandenen Basisstationen für Handys sollen nämlich im Zuge des Aufbaus des leistungsstärkeren UMTS-Netzes (man erinnert sich an die Versteigerung im August 2000, als die sechs letztlich zum Zuge gekommenen Betreiber 98,9 Milliarden Mark bezahlen mussten) noch einmal rund 90 hinzu kommen.

Die Standorte dafür sollen nach dem Willen von Stadtspitze und Gemeinderat dann einvemehmlich zwischen Mobilfunkbetreibern und der Stadt ausgewählt werden. Ziel ist es, so betonte Beate Weber, schon aus Vorsorgegründen darauf hinzuwirken, dass zu Kindergärten, Schulen und ähnlichen schutzwürdigen Einrichtungen ein genügend großer Abstand eingehalten wird. Rechtlich indes sind Heidelberg wohl außer in der Altstadt die Hände gebunden.

Kommentar der Elektrosmognews: Es ist ja schön, daß man sich in Zukunft Gedanken um Standorte bei Schulen, Kindergärten und Krankenhäusern machen will. Aber was ist mit den bereits bestehenden Anlagen? Was heißt "bei"? Und was ist mit Wohngebieten, in denen wir und unsere Kinder die meiste Zeit verbringen??? Altenheime? Öffentliche Plätze? Erholungsgebiete? ... ???

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